Dabben erobert die deutsche Cannabis-Szene im Sturm und hinterlässt dabei eine Schneise voller Fragen und Unsicherheiten. Schon bei der Herstellung bzw. Extraktion von Cannabis-Konzentraten stellen sich die ersten Fragen: Welche Methode ist besser, welche Vorteile hat die eine oder die andere Extraktionsmethode? Für diese Fragen haben wir jeweils einen BHO– und einen Rosin-Guide zusammengestellt.
Wenn man dann endlich sein Konzentrat hergestellt hat und heiß drauf ist, es endlich zu dampfen, kommen dann aber wieder Fragen auf: Dab-Rig oder portable E-Nail, im Joint oder im Vaporizer? Jede Konsumform hat seine Vor- und Nachteile, die Mischung ist an der Stelle wahrscheinlich der Gewinner.
Falls man sich für eine E-Nail oder eine Dab Rig entscheidet, kommt dann wahrscheinlich endlich die Leitfrage dieses Artikels auf: Wie heiß muss meine Nail sein, um optimale Ergebnisse zu bekommen? Ganz einfach: Die Temperatur muss exakt 296,76 Grad betragen.
Spaß, denn solch eine pauschale Angabe kann man in dem Fall gar nicht treffen. Wie so oft kommt es bei der optimalen Temperatur zum Dabben vor allem auf persönliche Vorlieben an. Der Mensch ist einfach ein Gewohnheitstier. Was die unterschiedlichen Temperaturen beim dabben ausmachen und wie du sie akkurat auf deinen Nagel bringst, erkläre ich dir mit Freuden in den folgenden Absätzen.
Low Temp, High Temp und irgendwas dazwischen
In den Weiten der amerikanischen Dabbing-Szene gibt es mittlerweile Verfechter aller möglichen Temperaturstufen. Dementsprechend sind Reddit-Foren, Cannabis-Medien und hippe Blogs durch und durch mit allerlei Informationen zu den unterschiedlichen Temperaturen gefüllt, die sich in großen Teilen mit meinen eigenen Erfahrungen decken. An der Stelle kommen also keine flotten Hypothesen, sondern eher eine Momentaufnahme des momentanen Wissens zu dem Thema.
Einer der wichtigsten theoretischen Hintergründe ist der, dass die Terpene und Cannabinoide alle bei einer jeweils bestimmten Temperatur um die 200 Grad Celsius verdampfen. Das Terpen Pinen bildet dabei die untere Grenze und verdampft bei 155 Grad, THCv am oberen Ende bei 220 Grad. Das ganz normale THC verdampft wie Pinen bei relativ geringer Temperatur, konkret 157 Grad Celsius. Die Verdampfungs-Temperaturen aller relevanten Terpene und Cannabinoide könnt ihr nachfolgender Übersicht entnehmen:
Low Temp: 260 Grad Celsius
Fragt man den Typen Dabber, dessen Leidenschaft die Herstellung von Konzentraten ist, nach der perfekten Temperatur, wird man in den meisten Fällen Low Temp hören. Niedrige Temperatur. Das verwundert auch nicht, schließlich ist der Geschmack auf niedriger Stufe am besten.
Anhand der Grafik über die Verdampfungstemperaturen der Wirkstoffe könnte an der Stelle die Schlussfolgerung gezogen werden, dass man eigentlich keine höheren Temperaturen als 220 Grad Celsius benötigen würde. Aber ihr seht, da hat sich ein Konjunktiv eingeschlichen. Tatsächlich dauert es bei 220 Grad nämlich eine ganze Weile, bis das Dab im Banger oder Nagel geschmolzen ist. Und nicht zu vergessen: Banger und Nagel kühlen nach dem erhitzen ja auch wieder ab. Auf Grund dieser beiden Tatsachen hat sich als minimale Temperatur zum dabben mit einem Dab-Rig die 260-Grad-Marke bewährt. Mein Firefly 2-Vaporizer verdampft Dab auch bei 250 und weniger Grad souverän, der Volcano bei 230 Grad. ABER: Vaporizer halten die Temperatur auch relativ konstant, da sie genau dafür gebaut sind. Beim Dab-Rig dagegen erhitzt man ausschließlich vorm dabben und ab dem Zeitpunkt, an dem die E-Nail oder der Bunsenbrenner zur Seite gestellt werden, kühlen Nagel oder Banger kontinuierlich ab.
Doch zurück zum eigentlichen Thema, dem Low-Temp-Dabben. Verfechter der kühlen Temperaturen schätzen vor allem die Terpenvielfalt im Dampf, die aus niedrigen Temperaturen resultiert. Die Hardcore-Low-Temp-Dabber nehmen zu Gunsten der maximalen Terpenausbeute sogar in Kauf, dass eine nicht ganz unwesentliche Menge Dab im Banger oder Nagel zurückbleibt. Alles für den Geschmack! Dabei kann die magische 260-Grad-Grenze auch gern deutlich unterschritten werden.
Freunde eines effizienten Dabs würden bei Überresten allerdings die Krise bekommen und gehen deshalb einen Kompromiss ein. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Terpenvielfalt und der Geschmack auch bei 260-300 Grad umwerfend sind, da spielt die Qualität des Ausgangsmaterials subjektiv eingeschätzt eine größere Rolle, als die allzu penible Einstellung einer sehr niedrigen Temperatur. Ich persönlich dabbe sowieso fast ausschließlich Rosin und weiß, dass beim Pressen schon Terpene entweichen. Allzu ehrgeiziges Low-Temp-Dabben macht dementsprechend eher bei hochwertigem BHO Sinn, denn in dem Fall wird unter sehr niedrigen Temperaturen möglichst schonend extrahiert.
Sweet-Spot: 300 Grad
Nehmen wir mal an, du bist genau so ein Typ wie ich, der sein Konzentrat in liebevoller Handarbeit herstellt und die Tränen bekommt, wenn die Hälfte des Konzentrats im Banger zurückbleibt. Vielleicht fehlt dir dann auch noch eine Carb Cap, was die Sache nicht gerade einfacher macht. Angenommen also, du bist so ein Typ. Möchtest aber trotz effizienten Dabbens die Charakteristik deines Konzentrates schmecken. Ihr wisst, die Terpene. Dann empfiehlt sich eine Temperatur um die 300 Grad, plus minus natürlich.
Dabei wird dein Material weitestgehend vollständig in einer weißen Wolke verdampft und hinterlässt weniger Rückstände. Bei höheren Temperaturen verdampfen auch mehr eventuell noch im Konzentrat befindliche Fette oder Lipide, anstatt als Rückstand auf dem Nagel oder Banger zurückzubleiben. Das hat natürlich reinigungstechnische Vorteile, aber genauso auch geschmacklich-gesundheitliche Nachteile durch Verbrennungsprozesse. Was jetzt groß und wichtig klingt, ist auf Grund der geringen Temperaturdifferenz von 300 zu 260 Grad aber beinahe vernachlässigbar.
High Temp: 315-550 Grad
Denn laut einer Studie der Portland State University entsteht erst ab 315 Grad Celsius das stark giftige Zersetzungsprodukt Methacrolein in relevanten Mengen, Wachstum exponentiell steigend. Heißt: Je höher die Temperatur, desto viel höher die Schädigung der eigenen Lunge. Ab 510 Grad Celsius entwickelt sich dann sogar noch Benzol. Bei Wikipedia steht darüber, dass es giftig und karzinogen ist. Karzinogene sind Substanzen, „die Krebs erzeugen oder die Krebserzeugung fördern“ können. Benzol bewirke in geringer Konzentration im Körper Schwindelgefühl, Brechreiz, Benommenheit oder Apathie (Teilnahmslosigkeit). Außerdem stört Benzol den Stoffwechsel, indem es die Entstehung von Epoxiden fördert. Das sind hochreaktive Stoffe, die mit zahlreichen Verbindungen im Körper reagieren und so das Erbgut schädigen. Benzol lagert sich im Knochenmark, Gehirn und Fettgewebe an und wird nur sehr langsam wieder ausgeschieden. Frei nach dem Motto: Rein ging wohl schneller als raus.
Relativierend kommt an der Stelle jedoch hinzu, dass der vernünftige Dabber nur geringe Mengen dabbt – jedenfalls im Vergleich zum Rauchen. Denn auch in Zigaretten und Pur-Joints werden die genannten Stoffe erzeugt – und in dem Fall gelangen die Giftstoffe in deutlich höherer Konzentration in den Körper.
Falls nach dem Text noch jemand Lust auf die Vorteile vom High-Temp-Dabbing hat, soll an der Stelle nicht enttäuscht werden. Denn nach wie vor existieren Verfechter des High-Temp-Dabbens. Sie schätzen den dichten Rauch durch die sofortige Verdampfung – auch bei großen Mengen. Außerdem ist der Banger oder Nagel nach dem High-Temp-Dabben ziemlich sauber, was definitiv ein praktischer Vorteil ist. Hohe Temperaturen sind außerdem einfacher für den Einstieg, da man sich keine Gedanken um Carb Caps und schwindende Temperaturen machen muss.
Als Nachteil ist an der Stelle noch zu nennen, dass man von heißen Dabs schneller einen Hustenreiz bekommt. Das ist für Einsteiger dann vielleicht nicht ganz so ideal, aber auf jeden Fall aushaltbar. Deutlich schwerwiegender liegt der Terpenverlust bei heißen Temperaturen, der Geschmack leidet subjektiv eingeschätzt ziemlich deutlich. Marginal erscheint dagegen, dass heiße Dabs mehr Geld kosten, weil entweder mehr Gas oder Strom aufgewendet werden muss.
So bekommst du die gewünschte Temperatur auf deinen Nail oder Banger
Die präferierte Temperatur exakt auf den Nagel zu bekommen, kann eine ganz schöne Herausforderung darstellen. Sogar die augenscheinlich intuitiven E-Nails sind nicht davor gefeit, dem Nutzer Schwierigkeiten zu bereiten. Zwar kann man davon ausgehen, dass die Spule auf die eingegebene Temperatur geheizt wird. Unsicher ist jedoch weiterhin, ob diese Temperatur dann auch am Nagel anliegt. Denn die Oberfläche, auf die das Dab beim dabben aufgeschmiert wird, wird ja gar nicht von der Spule berührt. Deshalb empfiehlt es sich, die Temperatur der E-Nail etwas höher als die gewünschte Temperatur einzustellen. Wie hoch der Aufschlag ausfällt, unterscheidet sich dann wieder je nach E-Nail und Nagel. Ich empfehle, mit einem Infrarot-Thermometer eine Messreihe durchzuführen und mit den eigenen Erfahrungswerten zu arbeiten. Ein Infrarot-Thermometer gibt es bei Amazon bereits für 15€.
Auch für das herkömmliche Erhitzen ist solch ein Thermometer ein nützliches Utensil. Denn beim hantieren mit einem Brenner ist es ungleich schwieriger, die richtige Temperatur zu erreichen. Zwar gibt es die unterschiedlichsten Einträge in Reddit-Foren oder Cannabis-Medien, wie lange man seinen Nagel oder Banger erhitzen muss, aber auch hier ist der konkrete Nagel/Banger der bestimmende Faktor. Bei Bangern wird bspw. oft geschrieben, man müsse sie bis zum glühen erhitzen und dann dreißig Sekunden warten. An der Stelle lohnt sich dann zu wissen, wie dick die Wand des eigenen Bangers ist. Denn ein 4mm-Banger verliert die Hitze deutlich langsamer, als ein 2mm-Banger. Deshalb: Mit dem Brenner ordentlich einheizen und ab und zu mit dem Infrarot-Thermometer die Hitze messen. Bei den Bangern heißt das, dass ihr sie nach wie vor bis zum glühen erhitzen könnt und im besten Fall einmalig messt, nach wie vielen Sekunden eure Wunschtemperatur erreicht ist. Das nächste Mal benötigt ihr dann nur noch einen Timer (im Oma-Jargon Eieruhr) und könnt euch in heimeliger Atmosphäre ohne den Fremdkörper namens Infrarot-Thermometer dem entspannten dabben widmen.
Bei meinem Banger ist die Glaswand gute 4mm dick und wird in der Geduldsspanne eines durchschnittlichen Mitteleuropäers gar nicht glühend rot. Das ist aber auch nicht schlimm, denn der Banger wird trotzdem gut heiß. Ich benutze einen Creme-Bruleè-Brenner von Lurch, der hat eine ganz passable Flamme. Damit erhitze ich den Banger frei nach Gefühl und lande meistens bei 350 Grad. Das messe ich mit dem Infrarot-Thermometer. Dann dauert es ungefähr 40 Sekunden, bis der Banger bei ungefähr 290 Grad ist. Aber auch das kann man noch mal nachmessen. Nach einiger Zeit bekommt man dann ein Gefühl dafür, an welchen Stellen man den Nagel oder Banger erhitzen muss und wie lange man dafür braucht.
Dabben ist für mich ein Thema, welches unheimlich viele Facetten hat.
Dazu gehört auch der Umgang mit dem Brenner an unterschiedlichen Nägeln. Winkel und Abstand der Flamme zum Nagel wirken sich genauso auf die Hitze des Nagels aus, wie die erhitzte Stelle. Bei Titannägeln beispielsweise glühen die Seitenwände recht schnell, während der Boden des Nagels gefühlt Jahrzehnte zum aufheizen braucht. Beim Banger ist das etwas komfortabler, da auch der Boden von unten erhitzt werden kann. Pro-Tipp an der Stelle: Wenn du auf einer zu niedrigen Temperatur unterwegs warst und deinen Dab schon als wasted abgestempelt hast, kannst du einfach den Boden des Bangers noch einmal von unten erhitzen und entspannt deinen verloren geglaubten Dab genießen.
Wer auf Nummer sicher gehen will, greift indes zur E-Nail, die wir HIER bereits im Test hatten.