Alles fängt mit einem ganz normalen Zahnarzt-Besuch an. „Machen Sie den Mund mal bitte gaaanz weit auf!“, meint der Zahnarzt mit routinierter Stimme zu mir. „Ah, okay, ja, dies, das… sagen Sie mal, haben Sie noch ihre Weisheitszähne?“, versucht der Weißgekittelte mir zu entlocken. Ich versuche ein „Keine Ahnung“ zu raunen, während der Arzt mit beiden Händen in meinem Mund verschwunden ist. „Was haben Sie gesagt?“, fragt der Arzt mit sichtlich diabolischen Hintergedanken. Ohne meine abgemühte Antwort abzuwarten, schlägt er mir vor, erstmal zu röntgen. Super, als Arzt muss man natürlich alles mitnehmen, was die Kasse bezahlt. Also geht es ins Röntgenzimmer, welches naturgemäß sehr schummrig und auch sehr klein ist.
Als das Bild auf dem Monitor aufblitzt (ja, manche Ärzte sind schon im digitalen Zeitalter angekommen), steht fest: „Sie sind ein Abkömmling der nächsten Evolutionsstufe. Sie besitzen lediglich oben zwei Weisheitszähne. Die liegen aber so quer im Mund, dass die unbedingt rausmüssen“.
Also gut. Weisheitszähne. Manchmal gibt es diese Wendungen, die einen normalen stinknormalen Tag in einen stinknormalen Tag mit kleinen Problemen im Hinterkopf verwandeln. Aber ich bin guten Mutes und mache gleich mal alle wichtigen Termine klar.
Vier Monate später ist es dann soweit.
Ich sitze auf dem allseits beliebten Zahnarzt-Stuhl und bin gespannt, was jetzt auf mich zukommt. „Nehmen Sie bestimmte Medikamente?“, fragt mich der Zahnchirurg, schon fest mit einer verneinenden Antwort rechnend. Doch während er sich gedanklich schon seinen Instrumenten und der anstehenden OP widmet, reiße ich ihn mit meiner Antwort aus seiner Ruhe: „Naja, ich konsumiere recht häufig Cannabis.“
Aha. Interessante Wendung, auf die der Doc aber vorbereitet zu sein scheint: „Na gut, dann müssen wir mal gucken, wie sich das auf die Anästhesie-Tiefe auswirkt. Kann sein, dass wir bisschen mehr spritzen müssen“, murmelt mir der Chirurg mit unsicherer Stimme zu. Kommt scheinbar nicht so oft vor, dass ein Cannabis-Patient seine Weisheitszähne loswird. Umso besser, dass der Arzt weiß, dass Cannabis-Konsum nach mehr Betäubungsmitteln schreit.
Die Operation ist auf 9:30 terminiert, mein letzter Kontakt mit Cannabis fand gestern Abend statt. Je nach Sichtweise sitze ich also eher nüchtern als breit auf dem Zahnarztstuhl. Interessanterweise reicht die Menge an Betäubungsmitteln auf der linken Seite auf Anhieb aus, während ich auf der rechten Seite auch nach zweimaligem Spritzen noch gut erfühlen kann, was der Zahnarzt in meinem Mund treibt. Vielleicht rauche oder vape ich ja immer in die rechte Mundhälfte? Interessante Frage, die wahrscheinlich nur Galileo Mystery klären kann.
Die OP läuft gut, auch wenn ich in meinem halben Delirium nur ansatzweise erfühlen kann, was Arzt und Schwester in meinem Mund fabrizieren. Die Lampe über mir ist so stark, dass ich die ganze Zeit über meine Augen geschlossen halte. Und dann, nach ca. einer halben Stunde, ist das Werk bereits vollbracht. Ich werde mit einem Rezept für Antibiotika und Ibu-irgendwas nach Hause entlassen. Und dann fängt der Spaß erst an.
Zu Hause ruhe ich erst noch ein Stündchen in meinem sehr interessanten Zustand, bevor ich meinen Vaporizer anschmeiße. Der Zustand mit dem tauben Oberkiefer ist echt interessant, zumal auch mein restliches Nervensystem ein bisschen betäubt zu sein scheint. Ich bin mega entspannt.
Doch nach kurzer Zeit kommt dann die restliche Ladung hinzu.
Als das Betäubungsmittel langsam nachlässt und ich den nervigen Schmerz durch die Fäden, das Rumgedrücke im Mund und die plötzlich fehlenden Zähne immer mehr spüre, ringe ich mich dann doch zum Konsum einer Schmerztablette durch. Ehrlich, ich bin absolut kein Fan von den Chemie-Cocktails und allgemein Big-Pharma. Aber der Arzt hat mir die Ibu angeraten und auch meine Freundin hat mir versichert, dass diese Tabletten Schmerzen effektiv killen. Also immer rein damit. Als Dessert gibt es einen Ballon aus dem Volcano. Lecker. Beruhigend. Aber irgendwie auch uncool, jedenfalls die Wirkung. Keine Ahnung, ob es die Kombi aus Cannabis und Ibu ist, oder einfach nur die Ibu. Letzteres nehm ich ja sonst nie, deswegen fehlt mir da völlig die Referenz.
Aber wirkungstechnisch bin ich wie gesagt nicht sehr begeistert, denn ich steh total neben mir. Gedanken sind nur schwer zu fassen und Gespräche verebben manchmal mitten im Satz. Nicht wie beim Kiffen, sondern noch viel krasser und intensiver. Sehr einprägsam
Ich liege einfach nur im Bett und bin ein bisschen glückselig. Die Schmerzen sind leider nicht ganz verschwunden, aber darüber helfen mir ein paar eiskalte Kühlakkus hinweg.
Fazit
Cannabis und Weisheitszahn-OPs gehen eine gangbare Symbiose ein. Im Zusammenspiel mit Schmerzmitteln kam es bei mir zwar zu einem ganzheitlich flauen Gefühl, aber rückblickend betrachtet war das echt okay. Also, keine Angst: Am Abend vor der OP kannst Du auf jeden Fall buffen, danach auch. Der Arzt hat grünes Licht zum Rauchen nach der OP gegeben, ich persönlich habe jedoch aus Vorsicht nur gevaped. Aber das ging voll fit.
Schmerzmittel und Cannabis sind letztlich eine Erfahrung, die man nicht unbedingt haben muss. Aber wenn man schon Schmerzmittel nehmen muss, kann man auch mal den Mix ausprobieren.