Copy-Cat Alarm: Ein Aufsatz über die Zukunft des Journalismus am eigenen Beispiel.
Freitag, 11.1.2019, ich veröffentliche folgenden Artikel:
http://cannabis-rausch.de/cannabis-studieren-9-studiengae…/
Samstag, 12.1.2019, Dieter Klaus Glasmann veröffentlicht diesen Artikel: https://www.hanf-magazin.com/…/studiengaenge-fuer-die-cann…/
Die Gliederung meines Artikels (Überschriften):
- 0. „Diese Studiengänge empfehle ich dir, wenn du in der Cannabis-Branche einsteigen möchtest“
1. Gartenbau
2. Betriebswirtschaftslehre – BWL
3. Informatik
4. Chemie / Biochemie / Molekularbiologie
5. Kunst / Design
6. Medizin
7. Pharmazie
8. Sprache
9. Medienwissenschaften / Kommunikation / PR
Die Gliederung des Artikels von Dieter Klaus Glasmann:
- 0. „Welche Studienabschlüsse qualifizieren für die Cannabisbranche?“
1. Gartenbau
2. Betriebswirtschaftslehre
3. Informatik
4. (Bio-)Chemie / Molekularbiologie
5. Design / Kunst
6. Medizin
7. Pharmazie
8. (Fremd-)Sprachen
9. Kommunikation / Medienwissenschaften / PR
Ich habe für meinen 3000-Wörter-Artikel solange gesessen, wie man für einen 3000-Wörter-Artikel eben sitzt.
Eine ganze Weile und nicht nur einen Tag. Für die Veröffentlichung habe ich keinen Cent gesehen, das aber aus freier Entscheidung heraus. Ich habe einfach Lust, Interessierten Menschen die gesuchten Informationen zu liefern. Dafür steht der Blog Cannabis Rausch einfach.
Dieter Klaus Glasmann hat nur einen Tag später einen Artikel zum gleichen Thema im Hanf Magazin veröffentlicht, womöglich hat er dafür sogar Geld erhalten. Er nutzt die gleiche Gliederung wie ich bei meinem einen Tag eher veröffentlichten Artikel über das gleiche Thema, kommt komischerweise auch wie ich auf 9 Studiengänge, die für einen Einstieg in die Cannabis-Branche empfehlenswert sind und kürzt sämtliche Passagen auf ein paar weniger Sätze zusammen. Inhaltliche und gedankliche Übereinstimmung mit meiner Arbeit ist eindeutig erkennbar. Er übernimmt Details wie den Tipp, dass neben Englisch und Spanisch auch Französisch eine tolle Sprache für die Cannabis-Branche sei – doch vergisst, dass ich mir bei meinen Sinnzusammenhängen etwas gedacht habe.
In seinem Artikel steht, wie bei mir, dass Französisch in Kanada hilfreich sein kann, da es ein Cannabis-legales Land mit zweiter Landessprache Französisch ist. Dabei wissen wir alle, dass fast jeder Kanadier besser englisch als Französisch spricht und versteht (https://de.wikipedia.org/wiki/Kanada#Sprachen). Den wichtigeren Zusammenhang, dass Französisch nämlich dabei helfe, in vielen afrikanischen Ländern Zugang zum einzigen Kommunikationskanal zu schaffen, lässt er indes ganz weg. So machen das CopyCats: Umschreiben, Wegkürzen, Sinnzusammenhänge zerreißen.
Lest euch die beiden Artikel gerne durch und kommentiert dann optional, ob die Zukunft des Journalismus darin liegt, dass motivierte Blogger unentgeltlich ihre Freizeit opfern und andere „Autoren“ dann diese Werke als ihr Werk verkaufen und gewinnorientierte Online-Magazine wie das Hanf-Magazin jede Menge Werbe-Einnahmen generieren ODER ob die Zukunft des Journalismus in einer wertschöpfungsorientierten Verwertungskette angesiedelt sein sollte.
Auf jeden Fall gratuliere ich Dieter Klaus Glasmann, dass er jetzt eine CopyCat genannt werden darf.
Wer nicht sicher ist, ob der Titel „CopyCat“ auf den guten Mann wirklich passt, kann die Definition in diesem Artikel noch einmal nachlesen: https://www.checkdomain.de/…/blog-etikette-die-wichtigsten…/
Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie sich die Hanf-Medien-Landschaft weiterentwickelt. Schon oft wurden unsere Artikel sehr eindeutig von YouTubern, Autoren oder schicken Web-Magazinen in unnachahmlicher Manier kopiert – die Einnahmen bekommen am Ende immer die Großen, für den initialen Inhaltsersteller bleibt innerhalb der Verwertungskette NICHTS übrig.
Darunter leidet nachfolgend auch meine persönliche Reichweite, denn es ist davon auszugehen, dass die CopyCats auf YouTube oder in ihren werbefinanzierten Web-Magazinen so etwas wie einen Werbe-Etat haben: Am Ende bleibt also nicht mal mein Name im Bewusstsein der Zuschauer und Leserschaft, die Anerkennung und Leistung kommt der CopyCat zu, welche sich in der Zeit, in der ich ihre Inhalte erarbeite, um Werbepartner, Werbeanzeigen und andere reichweitenstärkenden Maßnahmen kümmert.
Wer etwas weiter denkt, weiß, wo das früher oder später endet: Ich werde früher oder später keine neuen, innovativen Themen mehr bearbeiten, weil der Sinn meiner Arbeit mit immer mehr CopyCats wie Dieter Klaus Glasmann für mich stetig abnimmt. Keine tiefen Recherchen mehr, keine exklusiven Anfragen bei interessanten Menschen, keine dicken Blog-Artikel mehr. Irgendwann werde auch ich abstumpfen und merken: Ok, mit Artikeln lässt sich gutes Geld verdienen. Einfach einen anderen Artikel aus dem WWW in Word reinkopieren, innerhalb kürzester Zeit die Inhalte umformulieren, einzelne Wörter vertauschen und Passagen kürzen und dann eine Rechnung ausstellen.
Ab diesem Zeitpunkt werden dann andere junge Autoren aus Leidenschaft die Inhalte für CopyCats erstellen und ebenso irgendwann resigniert feststellen, dass Kopieren einfacher ist als selber recherchieren. Vielleicht war Dieter Klaus Glasmann ja auch mal ein korrekter Autor, welcher die Blogger-Etikette eingehalten hat und ist auch erst im Laufe seines Lebens über den Punkt der Resignation gestolpert. Vielleicht hat er früher auch noch selber über Strukturen und Inhalte nachgedacht, vielleicht hat er auch mal selber den Hörer in die Hand genommen und sich Informationen beschafft. Vielleicht sogar mal ein Interview geführt. Aber dieser Artikel über die Cannabis-Studiengänge ist einfach nur eine CopyCat, welche nicht unbedingt in seiner Bewerbungsmappe landen sollte.
Traurig finde ich, dass die ganze Geschichte systemisch zu sein scheint. Selbst wenn Dieter Klaus Glasmann in Zukunft keine Artikel mehr kopieren würde – irgendjemand wird es tun. Irgendjemand ist immer schnell am Klauen von Artikeln – auch beim Spiegel oder anderswo.
Ich habe eine Weile gesucht, um einen alten Bekannten herauszusuchen: Denn schon oft bin ich über Copy Cats gestolpert, die mich einfach nur fassungslos, resigniert und hilflos dastanden lassen. Ich wollte wissen, ob auch andere Journalisten ein solches Problem mit CopyCats haben wie ich und stolperte über diesen Artikel: Mein alter Bekannter. https://www.cicero.de/…/copy-paste-journalismus-plagi…/52246
In diesem Artikel geht es um die SPIEGEL-Online-Redaktion, ebenfalls ein riesiges Werbeinstrument in den Weiten des WWW, welche einfach einen sieben Absätze langen Artikel aus dem HANDELSBLATT vom Vortag übernahm. Ein anderes Beispiel des Artikels: Auch die badische Zeitung hatte einen CopyCat-Fall, konkret ging es um einen Artikel über nervende Schwiegermütter. Der Text war aus verschiedenen Fragmenten von Focus, Spiegel und dem Berliner Tagesspiegel zusammengesetzt worden. Die Badische Zeitung ließ den Artikel löschen und zog „‚personelle Konsequenzen'“, so der Cicero-Artikel.
Der oder die Autor/in des Artikel schließt mit dem Fall, als ein Wikipedia-Redakteur bei Ernennung Karl-Theodor zu Guttenbergs zum Wirtschaftsminister einfach einen elften Vornamen in den Eintrag einfügte: Die Info wurde von sehr vielen einschlägigen Medien am darauffolgenden Tag übernommen – das ist dann peinlich. Der Artikel zieht dann folgendes Fazit: „Im Extremfall läuft die journalistische Verwertungskette dann so: Ein Redakteur einer Nachrichtenagentur oder eines Onlineportals kopiert unter extremem Zeitdruck einen Artikel aus Wikipedia zusammen. Das Material erscheint dann ohne Fundstellenangabe in einer gedruckten Zeitung. Schließlich freut sich der Wikipedia-Autor, dass er eine Quelle gefunden hat.
So werden aus Fantasien Fakten. Ein Plagiate-Kreis, ein „Circle Jerk“. Im Englischen bezeichnet das übrigens eine sinnlose Gruppenanstrengung oder Zeitverschwendung und – so etwa das „Online Slang Dictionary“ – Männer, die sich im Kreis zum Masturbieren aufstellen. So etwa läuft es beim Plagiieren im Journalismus: Alle machen mit, keiner verrät etwas, und am Ende sind alle befriedigt. Na schönen Dank auch!“
Falls das Hanf Magazin oder Marijuana.com, wofür Dieter Klaus Glasmann auch schreibt, also nicht wie die Badische Zeitung „personelle Konsequenzen“ ziehen, habe ich eine Idee: In Zukunft baue ich in meine Texte einfach ein paar Stolpersteine ein, über die nur CopyCats fallen können. Fake News für die Hanf-Szene – das haben wir ja nun wirklich noch gebraucht. Aber so läuft das Spiel eben – Fressen und gefressen werden. Irgendwann ist der Journalismus dann halt tot und alles fängt wieder von vorn an – mit recherchierenden CopyCats, auf der Suche nach Reputation und Wahrheit.
So, jetzt geh ich aber erstmal ein wenig Dampf im Masturbier-Kreis ablassen.
Wir sehen uns bald wieder – auf der Seite der Wahrheit. Noch hab ich Lust auf guten Journalismus – doch die Uhr der Gier tickt. Tick, tack. Tick, tack.
PS: Falls der Artikel vom Hanf-Magazin inzwischen gelöscht wurde: Als alter IT-Sicherheits-Mensch habe ich natürlich alles fein säuberlich dokumentiert und abgespeichert.