Kaum jemand kennt Grower, sie sind Teil einer Welt, die sich nur den wenigsten erschließt. Wie auch? Ein Grower kann nicht mit seinen Taten prahlen, wäre auch kontraproduktiv. Denn die Polizei wartet nur darauf, jemanden hochgehen zu lassen. Das allgemeine Bild von einem Grower ist, nun ja, wie soll ich sagen, „crime“. Das Wort trifft es ganz gut. Dem ist aber nicht so, Grower sind per se keine Kriminellen. Nicht alle.
Vor 16 Jahren traf ich den ersten Grower, nur wusste er nicht, das ich ihn kenne. Ein Freund von mir erzählte mir, das es da jemanden geben soll, der in seinem Garten ein Gewächshaus hat und dort das allerfeinste Gras wachsen soll. Wir kannten seine Tochter und waren mit ihr befreundet, also haben wir sie überredet, ihren Vater zu fragen, ob wir mal in sein Gewächshaus können.
Der Mann war ein Postbote, ende 40, hatte ein imposantes Holzhaus.
Kein Mensch, von dem man erwarten würde, dass er eine 20m² Gras-Plantage am Start hat. Er war ja auch der Postbote! Postboten würden sich doch nicht strafbar machen, oder? Ein paar Tage später ging ich mit meinem Freund zu dem Postboten. Seine Tochter hatte zwar nicht für uns gefragt, aber wir waren rotzfrech und sprachen ihn direkt darauf an. Er war extrem entspannt drauf und bejahte unsere Nachfrage zu dem brisanten Gewächshaus. Wir gingen hinter das Haus – und dort eröffnete sich für mich ein Paradies. Zu der Zeit kiffte ich nicht, war nur von der Pflanze und der Tatsache fasziniert, dass mein Postbote Gras anbaut. Er erklärte uns alles, welche Pflanzen es seien, warum er das macht und so weiter. Er hat die Pflanzen für seine Frau und sich selbst angebaut, seine Frau hatte Krebs. Bis heute habe ich niemandem davon erzählt, da wir versprochen haben nie ein Wort darüber zu verlieren.
Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass Menschen, die Cannabis anbauen, Kriminelle sind, die sich einfach nur bereichern wollen. Dem ist aber nicht so. Klar gibt es kriminelle Organisationen, die genau damit Geld verdienen, aber auch nicht sonderlich viele. Da die Gewinnspanne bei Cannabis bei weitem nicht so hoch ist, wie zum Beispiel bei MDMA, Adderall oder Kokain…
Wir haben ein paar Millionen Kiffer in Deutschland, von denen Schätzungsweise 80.000 – 250.000 im Jahr selbst ihr Cannabis anbauen. Vorwiegend sind es Menschen, die es zum Eigenbedarf machen. Warum auch nicht? Wenn man keine gute Verbindungen zu anderen Growern hat, oder sich nicht mit dem Darknet auskennt, bleibt einem ja fast keine andere Wahl. Es ist ein Kinderspiel, sich Cannabissamen im Internet zu bestellen. Käuferschutz und Bewertungen inklusive.
Stellt euch mal vor, jemand aus eurer Familie ist schwer krank.
Ich persönlich würde alles dafür tun, dass meine Lieben die beste Behandlung bekommen und wenn Cannabis der Ausweg ist, dann wird diese Option auch konsequent umgesetzt. Schon alleine einen Arzt zu finden, der eine Cannabinoid Behandlung anbietet, ist extrem schwer. Selbst, wenn man ein Rezept hat, heißt das noch lange nicht, dass man auch eine Kostenübernahme der Krankenkasse bekommt. Aber selbst eine Kostenübernahme muss einem nicht viel bringen, weil es nicht genügend Cannabis für alle in den Apotheken gibt. Der Staat zwingt quasi die Menschen dazu, Cannabis anzubauen, aber gleichzeitig werden sie strafrechtlich verfolgt. Ein Zustand, der schon seit Jahrzehnten so existiert. Obwohl es seit März 2017 fast jedem Arzt möglich ist, Cannabis zu verschreiben, passiert es fast nie. Stichwort: Regress.
Unser Land braucht die Grower, die das feinste Zeug anbauen und ihre Liebe und Leidenschaft darin investieren. Und hey, wenn sie damit Geld verdienen wollen, auch okay. Lieber 8,50€ für erstklassiges Kush oder Haze, statt der schlechten Apotheken Qualität für 25€ das Gramm. Wir werden von unserer Regierung jeden Tag verarscht und hinter das Licht geführt. Ich bin froh, dass es so vielen Menschen egal ist, was die Regierung ihnen verbieten will.
Ich selbst nutze Cannabis teilweise aus medizinischen Gründen, aber zum großen Teil einfach zum Freizeitkonsum.
Daher feiere ich es so hart, dass man in Deutschland eine unfassbar große Auswahl an Cannabissorten hat, die die fleißigen Grower immer wieder an den Start bringen. Deswegen mag ich auch Formate wie Green Germany, die Grower filmen und sich einfach nur über das Züchten von Cannabis unterhalten, ohne dabei andauernd zu wiederholen, das es in Deutschland illegal ist. Ich selbst kann bei weitem nicht alles schreiben, was ich will, ohne Angst davor zu haben, eine Anzeige zu kassieren. Gerne würde ich euch die geilen Grower vorstellen, die es überall im Land gibt – seien es Gangster, Hippies, Patienten, Anwälte, Polizisten, Postboten, Bauern, Kassierer oder Medienmenschen…
Es gibt so eine große Vielfalt an Menschen, die auch ihre eigenen Strains züchten, wie zum Beispiel Top Seedcret. Menschen, die Cannabis anbauen, sind keine Kriminellen. Die Beweggründe mögen sehr verschieden sein, aber wir sprechen hier immer noch von einer Pflanze, die schon Milliarden Menschen in den vergangenen tausend Jahren geheilt, oder ihnen einfach nur eine schöne Zeit ermöglicht hat. So gesehen leben wir heute in einem Land, das sehr rückständig ist und uns nicht weiter nach vorne bringt, sondern uns scheinbar vor unüberwindbare Differenzen stellt.
Ich werde so lange mehr Menschen das Growen schmackhaft machen (natürlich im Ausland), bis jeder einen kennt, der gutes Weed am Start hat. Damit es irgendwann niemanden mehr gibt, der gestrecktes Haze rauchen muss und danach im Krankenhaus landet. Wir haben eine tolle Cannabis Szene in Deutschland, auch wenn man nicht alles geil findet, was die anderen machen. Dennoch am Ende des Tages, lieben wir alle eins – und das ist die atemberaubende Cannabispflanze. Es lebe die Rebellion. Peace.
PS: Das Titelbild hat uns CRIMINAL ATHLETICS zur Verfügung gestellt.