Menschen mit Erwartungen, werden erfahrungsgemäß enttäuscht. Daher habe ich mir auch keine besonderen Erwartungen an die Mary Jane Berlin auferlegt. Die Location dieses Jahr war definitiv zentraler als letztes Mal, dennoch nicht so schön zum Entspannen und Genießen. Man kann aber auch zu Recht sagen, dass die Arena Berlin für den Messebesucher sicher die bessere Wahl ist.
Ich hatte vor der Messe eine 14-tägige Wanderung quer durch Deutschland absolviert, um besser zu verstehen, wie die Gesellschaft Cannabis empfindet und beurteilt. Ziel meiner Wanderung war standesgemäß die Mary Jane Berlin. Donnerstag war ich schon in Berlin angekommen und ziemlich fertig von der Wanderung. Dennoch ging es gleich am Freitag zur Mary Jane Berlin, die die größte Hanfmesse Deutschlands darstellt.
Der erste Tag auf der Mary Jane war recht unspektakulär für mich. Hauptsponsor der Messe war unter anderem Hapa Medical, deren Ideengeber medizinische Hanfblüten züchten und in speziellen Arztpraxen verschreiben möchten. Über das windige und umstrittene Geschäftsmodell haben wir auch schon den einen oder anderen Artikel fabriziert. Nun gut, soll uns nicht weiter stören.
Mutige CBD-Händler auf der Mary Jane Berlin
Gut 200 Aussteller waren auf der Messe vertreten. Im Groben gab es alles, was die Branche zu bieten hat. Im Hauptfokus standen Produkte rund um das nicht-psychoaktive Cannabinoid CBD. Was mir ein bisschen Bauchschmerzen bereitet hat, waren die vielen Aussteller, die nicht verkehrsfähige CBD-Produkte verkauft haben. Also Waren unter dem Deckmantel der allgemeinen Unwissenheit bezüglich der aktuellen Gesetzeslage veräußert haben. Andererseits natürlich auch sehr mutig!
Auch wurden von diversen Händlern CBD-Blüten angeboten, die in Deutschland zum Zwecke des oralen Genusses noch nicht legal sind. Leider. Das ist übrigens auch ein Grund, weshalb große Cannabis-Unternehmen wie die einzige Head-Shop-Kette Deutschlands, das „Chillhouse“, noch keine CBD-Blüten in ihren Regalen führt.
Die unglaubliche Unwissenheit ist sehr erschreckend und alarmierend. Und das von Unternehmen, die damit ihre Brötchen verdienen wollen. Auf einen Anwalt verzichten wohl die meisten, die in dem Bereich Fuß fassen wollen. Doch natürlich bewundern wir den Mut all jener, die sich trotz Wissens über den rechtlichen Status in die Grauzone trauen. In der Schweiz hat der CBD-Boom schließlich auch einen großen Beitrag zur Akzeptanz von Cannabis allgemein in der Gesellschaft geleistet.
Goodies, fundierte Vorträge und Gespräche
Es gab aber natürlich auch sehr schöne und vor allem neue Produkte. Etwas frisches. Nicht viele, aber einige. Es wurden Unmengen an kleinen Goodies verschenkt, was für viele Messebesucher jedes Jahr aufs neue natürlich ein absolutes Highlight ist. Der Eintrittspreis lag bei einer Tageskarte bei stattlichen 20€. Die Geschenke und Goodiebags, die dort verschenkt wurden, haben diesen Preis jedoch ums Vielfache wieder ausgeglichen.
Das lässt das deutsche Stonerherz selbstverständlich höher schlagen. Die Fachvorträge haben mir sehr gut gefallen, sehr informativ und zukunftsweisend. Immer wieder ein Genuss, auch wenn ich mir körperteilungsunfähigerweiße nicht alle anhören konnte. Der Freitag war für mich nicht so fly was die Stimmung des Happenings betraf, was sich jedoch am Samstag ändern sollte.
Eine Kreuzberger Nacht und 2 Stunden Schlaf später, ging es für mich am Samstag gleich zum Messebeginn zur Mary Jane. Es standen schon hunderte Menschen vor den Kassen und dem Eingangsbereich. Ein ganz anderer Schnack als am Tag zuvor! Messesamstag at his best.
Samstag haben mich die Vibes gepackt
Die Messe platzte aus allen Nähten, an jeder Ecke wurde gebufft und gefeiert. Mein Tag war mit Meetings und Interviews gefüllt. Habe mich mit den größten Cannabis Händlern der Unterwelt getroffen, die nun wunderbarerweiße auch in das legale Geschäft mit einsteigen. Dieser Fakt an sich, ist schon einen Artikel/Report wert!
Rein subjektiv hatte ich eh das Gefühl, dass jeder in den boomenden Markt mit einsteigen will, egal wie, hauptsache dabei sein. Eine sehr spannende Entwicklung, mit viel guten, aber leider auch einigen schlechten Vibes. Am Samstag ging ich auch in das Pippi Langstrumpf Boot, das Sens Media für die Messe liebevoll umgestaltet hatte. Für meine 2 Meter war das Boot etwas zu niedrig, was aber nicht die Qualität der angebotenen Entspannungs- und Meeting-Möglichkeiten minderte.
Auf der Mary Jane selber war es kaum möglich, sich mal entspannt irgendwo hinzusetzen und zu chillen, was definitiv der größte Abturner der Messe war. Es gab nur ein paar hundert Sitzplätze insgesamt und diese waren alle in der prallen Sonne. Auch das kulinarische Angebot war für meinen Geschmach echt mau. Da frag ich mich, ob man sich auch nur eine Sekunde um die Zielgruppe Gedanken gemacht hat. Aber Wayne… Zum Glück gab es das Boot, wo entspanntes chillen und buffen im Schatten möglich war.
Eine Messe mit vielen Freiheiten und ordentlich Potential
Die Mary Jane ist aus meiner Sicht mehr etwas für Menschen, die dort Geschäfte untereinander machen wollen. Neue Produkte kennenlernen und so weiter. Einen wirklichen Mehrwert gab es für den Endverbraucher nicht. Die dort angebotenen Waren waren zum Teil teurer als im Internet und Messepreise waren, wenn, nur am letzten Tag möglich.
Aber das ist so auf jeder Messe, das hat rein gar nichts mit der Mary Jane zu tun. Die Mary Jane Berlin macht Spaß, wenn man dort was vor hat. Aber als ein Besucher, der sich über Cannabis informieren will, bekommt man von den jeweiligen Ausstellern auch sehr viel Bullshit erzählt. Aber wer sich einen Stand leisten kann und dann noch Sponsor ist, kann gerne mal den Endverbraucher täuschen. Da besteht echt Nachholbedarf, die Aussteller genauer unter die Lupe zu nehmen.
Doch das wird in dieser noch jungen Branche in den nächsten Jahren hoffentlich noch passieren. Mal sehen, wann es zum großen Knall kommt. Im Vergleich zu anderen Cannabis-Messen, wie zum Beispiel der Spannabis in Barcelona, ist die Mary Jane Berlin die low budget Version.
Das Potenzial ist jedoch auf jeden Fall vorhanden. Die Mary Jane wird sich weiterentwickeln und vielleicht kommt ja noch eine andere Messe hinzu und es entsteht über die Jahre eine Cannabis Week, das Äquivalent zur Fashion Week. Dies wäre erstrebenswert, da die Messe mir persönlich nicht schick genug ist, was aber auch rein subjektiv eingeschätzt ist. Ich konnte viel erreichen abseits meines Projektes Cannabis-rausch.de und dafür bin ich sehr dankbar, dass es so eine Messe gibt, die für einen erschwinglichen Preis jeden in diese Branche reinschauen lässt.