Was Hubertine Auclert für die Frauen war, bin ich für die Menschheit. Ich bin die einflussreichste Frau der Welt – sogar Angela Merkel hatte noch nicht das Vergnügen, einen Termin bei mir zu bekommen. Im Gegensatz zu ihr habe ich aber auch eine echt wichtige Aufgabe – ich muss die Welt ein kleines Stückchen besser machen.
Das wird mir natürlich nicht sonderlich leicht gemacht. Von außer links und rechts und allen anderen Richtungen kommt Gegenwind, der meine zarten Spitzen umzuknicken versucht. Von überall her erreicht mich Kälte. Teile meines Körpers färben sich bereits Lila. Lila, wie die Leidenschaft. Lila, wie das Unmoralische.
Genau, ich bin manchmal ziemlich unmoralisch. Aber die Frage ist doch: Sind wir nicht alle mal lila? Sind wir nicht alle mal unmoralisch? Natürlich sind wir das, aber ich kann stolz von mir behaupten, gerne oft und unangemessen unmoralisch zu sein. Davon lebt ja auch irgendwie mein Image.
Aber wie bin ich überhaupt zu diesem Image gekommen?
Warum werde ich ab und an lila?
Ein recht banaler Grund wäre Kälte, die ich durch mein oft freizügiges Auftreten nicht wirklich konsequent abhalte. Aber in meinem Job muss man auch einfach kalt sein. Ein anderer Grund sind zweifellos die anderen – also echt die meisten. Vielleicht auch du oder dein Nachbar. Der hat mich schon mal verraten.
Auf der anderen Seite bin ich natürlich auch ganz schön grün. Ich bin quasi die Grünheit in Person, schon die Orsons haben sich über mein Colorgrading intensiv ausgelassen. Grün wie die Hoffnung – denn Hoffnung gebe ich jedem, der sich an mich herantraut. Jedenfalls würde ich das gern. Normalerweise nähere ich mich meinem sogenannten „Konsumenten“ schon gute drei Monate vorher an, um ihn dann nach der langen Zeit der Vorfreude zu überraschen. Ungefähr so, wie wenn ich dich über drei lange Stunden bis zu einem fulminanten Orgasmus kitzle.
Ich war schon mit so gut wie jedem im Bett. Also jedem vernünftigen Menschen. Mit Männern, und auch mit Frauen. Gleichberechtigung ist mir wichtig, auch wenn meine Idee des modernen Feminismus noch an vielen Stellen scheitert. Wenn es nach mir ginge, sollte jeder mal von mir kosten. Damit gehe ich definitiv freizügig und (ergebnis)offen um, du musst also jetzt nicht unbedingt rot werden.
Auf den ersten Blick würdest du mich in den meisten Beziehungen des Lebens gleich in die Schublade ‚Hippie‘ stecken. Klar, ich bin ja auch ein Hippie. Ich feier nicht nur Sex, Drugs and Rock’n’Roll – ich bin Sex, Drugs and Rock’n’Roll. Vor allem natürlich Drugs.
Ich bin quasi die Königin unter den Drogen – ich bin vegan, stehe auf Bio und mache nicht groß Welle. Ich will ja nicht angeben, aber ich hab viele Fans, für die ich ein Stück mehr als nur mein Name bin. Ich bin ihr Lebensmittelpunkt. Bei anderen bin ich das Tüpfelchen auf dem ‚i‘ oder schlicht Lebensretter.
Grün, die Farbe der Hoffnung.
Ist ganz geil, Hoffnung schenken zu können. Gott spielen. Du weißt schon, das was VW-Manager nicht ganz auf die Reihe bekommen haben. Ich hab schon so viele Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt. Die Gesellschaft hat Angst vor dem Krebs? Ich bin seit Jahren DIE Lösung – aber mich hat ja erst neulich jemand danach gefragt. Seitdem erlöse ich neben meinem Job als seichte Unterhalterin und Traumtänzerin tagtäglich immer mehr Menschen vor dem Tod. Aber das möchte ich eher als Hobby beibehalten – für das gute Image und die heutigen Anforderungen an sozialer Verantwortung.
Alles in allem soll bei mir aber vor allem der Spaß im Vordergrund stehen. Wissenschaft. Und Spiritualität. Schließlich liegt der Sinn alles Seins in jedem selbst verborgen – ich bin der Schlüssel zur Erkenntnis. Ich helfe herzensgern dabei, Menschen die Augen zu öffnen und das Hamsterrad wenigstens für einen Moment zu verlassen. Ich bin größer als Religionen, Rassen oder Identitäten.
Ich bin Marie-Johanna, Pflanze, Botschafterin, Retterin. Ich bin die eine, die wirklich immer lacht.