Ich bin 27 Jahre alt, habe mit 14 vermutlich mein erstes Bier getrunken und mit 15 meinen ersten Joint geraucht – ich würde mich also im allgemeinen als Durchschnitts-Mensch meiner Generation und meinem Umfeld sehen. Jeder zweite den ich kenne, hatte noch vor seinem achtzehnten Geburtstag schon den ein oder anderen Vollrausch hinter sich, sei es mit Bier oder Cannabis. Die Zahlen sinken allerdings in meinem eher ländlichen Umfeld, wenn es um andere psychoaktive Substanzen geht: Pilze, Ecstasy, LSD, Kokain und was es nicht alles gibt. Die meisten meiner Freunde und Bekannten hatten schon einmal Pillen und Koks ausprobiert, der ein oder andere hatte es über einen längeren Zeitraum auf fast jeder Party konsumiert und nach einigen Jahren festgestellt, dass das Zeug dann doch zu sehr auf Körper und Geist schlägt. Andere wiederum hatten auf Hippie-Veranstaltungen Pilze verspeist und selten gab es auch mal Erfahrungen mit dem in unserer Generation sagenumwobenen LSD. Doch grundsätzlich hätte man diese Menschen bereits noch vor ihren Erfahrungsberichten den passenden Substanzen zuordnen können: Aufgedrehte Spaßkanonen, trinkfeste Liebhaber von Elektro- und Rave-Musik gingen eher in Richtung Koks und Exctasy. Der meditierende, kiffende Vegetarier mit dem angeblichen Durchblick für alle Probleme der Menschen, der die Welt mit Liebe und Einigkeit retten wollte, war derjenige, welcher irgendwann bei den Pilzen angelangen würde.
Im Großen und Ganzen hatten mich diese Substanzen nie wirklich interessiert, da mich die zerstörten Gesichter der Kokser nach einem 3-Tage-Wach-Festival abgeschreckt haben oder ich mit gelangweiltem Blick den nicht enden wollenden Geschichten der Pilzkonsumenten nur aus reiner Höflichkeit lauschte. Doch der Mensch ist stets neugierig und ich wollte einfach wissen, wie diese Sachen bei mir wirken würden, denn mich selbst würde ich definitiv weder als exzessiven Partygänger, noch als naturverliebten Hippie einordnen, sondern vielmehr in die Kategorie introvertierter Allrounder – nicht alles, sondern von jedem ein bisschen. Bis vor einigen Jahren habe ich noch Alkohol getrunken, was ich allerdings aus gesundheitlichen Gründen einstellen musste und daher ist das Kiffen meine Leidenschaft geworden.
Man könnte mir jetzt böswillig das klischeebehaftete Einstiegsdrogen-Thema vorhalten, da ich nach Cannabis zu anderen Substanzen greifen wollte. Doch hier sei vorweggesagt, dass ich mich in erster Linie für psychoaktive Substanzen pflanzlicher Natur interessierte und ich nicht mehr als 2-3 Versuche damit gemacht habe, geschweige denn sie in einem regelmäßigen Zyklus konsumiere oder konsumiert habe. Meine Wahl fiel aufgrund meiner gesundheitlichen Einschränkungen und der daraus resultierenden Angst vor chemischen Drogen auf die beiden Substanzen Magic Mushrooms und Salvia Divinorum.
Magic Mushrooms: Erfahrung mit Pilzen der anderen Art
Da einige in meinem Bekanntenkreis bereits Pilze konsumiert hatten, entschied ich mich mit ungefähr 20 Jahren zu dem ersten Versuch mit psychoaktiven Trüffeln. Bestellt hatte ich sie damals auf einer bekannten Internetseite in Form eines Grow-Kits. Einige Monate nach dem Eintreffen des Päckchens hatte ich selbstgezüchtete frische Magic Truffles, welche noch eine Zeit lang getrocknet werden mussten. Zuvor hatte ich mich tagelang im Internet über die bestbekömmlichsten Konsumformen informiert und mich letzten Endes dafür entschieden, die getrockneten Trüffel in eine Tafel Schokolade einzuarbeiten.
Wenige Tage nach der erfolgreichen Herstellung einer Trüffel-Schokolade war es dann soweit. Aufgeregt hatte ich schon viele Vorbereitungen getroffen: abgedrehte Videos auf YouTube geladen, verschiedenste Säfte und Süßigkeiten auf dem Tisch aufgebaut und eine fette Playlist mit psychedelischen Musikstücken zusammengebastelt. Nun fehlte nur noch die in unzähligen Foren beschriebene faszinierende Wirkung der Pilze und das Abenteuer könnte los gehen. Doch um die Geschichte an dieser Stelle abzukürzen: ich habe gut zwei Stunden über der Kloschüssel und anschließend den Rest des Abends mit Magenschmerzen und mieser Laune auf dem Sofa verbracht. Ich hatte zwar genauso oft in den Foren gelesen, dass es zu Übelkeit und Erbrechen kommen konnte, sich danach jedoch die Wirkung entfalten und fantastisch sein würde. Doch Fehlanzeige, denn nach geschlagenen 8 Stunden war das einzige gute Gefühl das Streicheln meines Tripsitters über meinen Kopf, das mir wenigstens die Sicherheit gab, mit diesem Magendarminfekt-ähnlichen Erlebnis nicht allein und unter Beobachtung zu sein. Nach einigen Monaten habe ich es dann noch zwei mal mit getrockneten Trüffeln versucht, doch beides mal wieder das gleiche Erlebnis: komplette Entleerung des Magens und anschließend stundenlanges Unwohlsein.
Ab dieser Stelle sollte man erwähnen, dass sich mein gesundheitliches Problem auf die Leber bezieht. Da diese ein Problem hat, habe ich ein Problem mit Alkohol und Medikamenten, da sie über das Blut in die Leber gelangen, die bei mir leider keinen guten Job verrichtet. Somit hatte ich auch einige schlechte oder enttäuschende Erfahrungen mit “Kräuter-Pillen” oder Extrakten aus dem Netz, da ich für eine gewisse Zeit ein Tester für eine namhaften Online-Smartshop war. Entweder erzeugten sie ebenfalls Magenprobleme oder wirkten schlichtweg einfach nicht. Interessant ist auch, dass auch Cannabis-Edibles mich komplett kalt lassen, da auch hier die Wirkstoffe über den Magen ins Blut und dann durch die Leber gefiltert ins Hirn aufsteigen. Auf Grund dieser Tatsache kamen die meisten oral konsumierten Drogen wie Ecstasy, Pilze, Meskalinkakteen und auch “Happy Pills” nicht in Frage. Jedoch hatte ich noch immer den Drang zu verstehen, wovon so mancher Psychonaut schwärmte: pure Euphorie, Visuals und Halluzinationen – eben ein waschechter Trip.
Vorbereitungen für eine psychedelische Erfahrung
Logisch gedacht, konnte also nur etwas in Frage kommen, was man rauchen kann. Und nach ein wenig Recherche wurde ich fündig: Salvia Divinorum. Der ein oder andere mag dieses Kraut bereits kennen, denn es handelt sich hierbei um eine der Pflanzen mit der höchsten psychoaktiven Wirkung, die in der Natur vorkommen – Kraut der Götter!
Da ich keine Lust auf Überraschungen hatte, wollte ich mir zu dieser Pflanze sämtliche Informationen einverleiben, die das World-Wide-Web zu bieten hat. Zugegeben, einige der Einträge oder auch Videos waren schon ziemlich abschreckend: Erzählungen von völligem Kontrollverlust gepaart mit Depressionen und Todesängsten oder Videos von unansprechbaren Teenies, die sabbernd auf einem Sofa hingen oder schreiend durch die Bude rollten. Auf der anderen Seite fand ich aber auch unglaubliche Geschichten über “Begegnungen mit einer Gottheit (Lady Salvia)”, Realisierung von Lebensproblemen, welche sich nach einer Salvia-Erfahrung in völlig neuem Licht präsentierten oder dem Gefühl, seine eigene Geburt wieder zu erleben. Doch alle hatten eines gemeinsam: Alle User berichteten von einem unglaublich veränderten Zeitempfinden und der “Chronic Tree” wäre ein Witz dagegen – Salvia soll kurz und heftig wirken, sich dabei aber deutlich länger anfühlen.
Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich mich wirklich an einer Substanz wie Salvia ausprobieren sollte, entschied mich gegen Ende dann dafür. Kaum zu Ende gedacht, bestellte ich einige Tage später ein Päckchen getrocknete Salvia-Blätter und ein 5-fach-Extrakt. Die Extrakt-Variationen reichten von 5-facher bis zu 40-facher Konzentration und bei letzterem wies sogar eine Warnung darauf hin, dass sich an dieses Produkt nur professionelle Psychonauten wagen sollten.
Zu den Blättern bestellte ich mir also das schwächste Extrakt mit 5-facher Konzentration, nur für den Fall, dass die Blätter allein zu schwach wirken.
Auch auf dieses Experiment bereitete ich mich gründlich vor: ein weiches Bett, eine saubere Bong, ein verantwortungsvoller Tripsitter und “Konter-Getränke”, denn auch hier sollten süße oder Vitamin-C-haltige Getränke Linderung verschaffen. In meiner damaligen Mietswohnung ging ich also zusammen mit meinem Sitter in das Badezimmer, da es hier ein Dachfenster für den ausgeblasenen Rauch und eine Kloschlüssel für eventuelle Übelkeit gab.
Da ich es nicht gleich übertreiben, sondern erstmal nur ausprobieren wollte, packte ich einige zerkrümelte Blätter in den Bongkopf, hielt mein Sturmfeuerzeug daran und zog den schneeweißen, extrem dichten Rauch durch das verschachtelte Glaslabyrinth meiner Perculator-Bong. Der Rauch schmeckte abartig, drückte auf die Lunge wie eine komplette Zigarre auf Ex und das gesamte Zimmer stank innerhalb von Sekunden nach diesem eigenartigen Kraut.
Saliva Divinorum im Hirn: Einmal kräftig durchrühren…fertig
Grundsätzlich hätte ich vermutlich die nächsten 10-15 Minuten geflucht und das Zeug zum Teufel gewünscht, doch es war unfassbar: gerade mal 20-30 Sekunden konnte ich noch klar denken und mit meinem Tripsitter kommunizieren, dann war ich geistig auch schon weg vom Fenster. Ich fing an zu lachen, ohne ersichtlichen Grund. Mein Mund fühlte sich an, als würde er komplett aus Watte bestehen und mein Hirn wirkte leer und doch unglaublich beschäftigt. Hinzu kam das schwer zu beschreibende Gefühl von einem Ziehen an meinem Körper, es fühlte sich tatsächlich so an, als würde mich jemand an einem nicht zu lokalisierenden Punkt meines Körpers von links nach rechts, von hinten nach vorne ziehen. Ich schätze mal, dass dieses Gefühl entsteht, da man einen gewissen Gleichgewichtsverlust erleidet und sich der zugedröhnte Schädel dieses Schwanken nur durch äußere Einwirkung erklären kann.
Ich bin zwar keiner Lady Salvia begegnet, doch hörte ich tatsächlich Musik und Klänge, die wohl gar nicht da waren und man glaubte fast, die verschiedenen Spektralfarben der durchs Fenster dringenden Sonne würden das gesamte Zimmer erfüllen. Meine Gedanken sprangen von “Oh was ist das?” zu “Was tue ich gerade” und wieder zu “Scheiße, man, bin ich dicht!”.
Gefühlt stand ich mit meinem Sitter noch 1 ½ bis 2 intensive Stunden in diesem Bad, lachte mir den Arsch ab und redete unentwegt von den Erfahrungen, die ich gerade machte, bis die Wirkung nach und nach verschwand. Ich spürte meinen eigenen Körper wieder ganz normal, mein Atem war ruhig und entspannt und meine Augen nahmen den Raum und das Licht wieder so wahr, wie es sich für das menschliche Auge gehörte. Dennoch blieb da ein unterschwelliges Gefühl von Heiterkeit und zugleich Besorgnis, eine sehr eigenartige Mischung. Vermutlich rührte die Heiterkeit von dem noch immer hohen Serotonin-Spiegel und die Besorgnis kam von der typischen Frage “Oh Gott, was hat das Zeug mit mir angestellt? Werde ich jetzt süchtig danach oder dumm davon?” Doch bevor ich mich zu lange mit diesen Fragen beschäftigen konnte, drehte ich mich zu meinem Tripsitter um. “Sorry, dass du mich jetzt so lange abgedreht ertragen musstest.”
Psychedelische Zeitverschiebung – Cannabis ist ein Witz dagegen
“Ähm, also eigentlich stehen wir hier gerade mal 15 Minuten, das ganze Bad stinkt doch noch.” Dieser Satz traf mich wie ein weckender Schlag ins Gesicht: 15 Minuten?! Ich hätte schwören können, es wären Stunden gewesen! Damit war also die These aus dem Internet bestätigt, dass das Zeitgefühl sich auf unheimliche Weise so dermaßen verlangsamte, dass man einige Minuten wie ganze Stunden empfindet. Ich war fasziniert, und diese Faszination hielt noch einige weitere Tage an. Bei Psychedelika ist es in der Regel so, dass der Trip für die meisten nicht nach dem Ende der akuten Wirkung aufhört, sondern auch die Tage danach beinhaltet. Auch mein Hirn beschäftigte sich in den folgenden Tagen mit dem Erlebten: Einerseits war es unglaublich, wie schnell die Wirkung einsetzte und was für eine enorme Zeitverschiebung sie mit sich brachte. Andererseits war es jedoch auch genau diese Tatsache, die mich beunruhigte: erleidet man unter der Wirkung dieser Droge eine Panikattacke oder hat einen schlechten Trip, ist man nach wenigen Sekunden für eine gefühlte Ewigkeit darin gefangen, denn ich habe für mich festgestellt, dass ein “Entkommen” unmöglich erscheint. Nun mag das bei vielen Psychedelika der Fall sein, doch keines von ihnen wirkt so unglaublich schnell wie Salvia Divinorum – nach 10-20 Sekunden ist die Wirkung voll da. Und aufgrund der starken Wirkung wird Salvia zurecht auch als “Synapsen-Schuss” bezeichnet.
Nach ungefähr einem Jahr habe ich dann nochmal einen zweiten Versuch mit einem kleinen Köpfchen 5-fachem Extrakt gewagt. Diesmal legte ich mich mit Kopfhörern einfach in den Garten und schaltete die Musik ein, noch bevor ich den ersten Zug nahm. Auch diesmal kam es mir wieder vor, als hätte ich ein ganzes Konzert erlebt und doch waren es am Ende nur 5 Lieder. Nahezu unbeschreiblich war auch das Erlebnis, die Musik in gewisser Weise “gesehen” zu haben. Mit geschlossenen Augen zeichnete sich vor meinem inneren Auge eine Art Mandala, welches zum Beat pulsierte und sich drehte. Mein gesamtes Zimmer schien unter und mit mir zu versinken, doch das fühlte sich nicht unheimlich, sondern gemütlich an.
Fazit der psychedelischen Reise:
Um es kurz zusammenzufassen: Salvia Divinorum fühlt sich an wie das erste Mal kiffen, nur dass einem statt einem Joint ein sehr potentes Extrakt eingeflößt wird. Es ist unglaublich faszinierend, wie der Rauch eines verbrannten Gewächses in dem Hirn und Körper eines Menschen so ein Durcheinander der Gefühle, Empfindungen und Wahrnehmungen erzeugen kann. Und ich hatte gerade mal ein paar Blätter und ein schwaches Extrakt getestet. Genau aus diesem Grund sollte man tunlichst davon absehen, solche Erfahrungen häufiger oder gar regelmäßig zu suchen. Ich für meinen Teil hatte nach meinen Erfahrungen immer ein gutes Jahr Abstand von den jeweiligen Substanzen gehalten. Auch wenn diese Ereignisse teilweise atemberaubend und überwältigend waren, so flößt mir genau das auch etwas Angst ein, weshalb es mir nicht schwerfiel, seitdem die Finger von der Substanz zu lassen. Ich möchte an dieser Stelle dringend jedem davon abraten, dieses Zeug zu konsumieren, einfach weil man einen fetten Trip sucht. Denn in dem Fall kann das ganz schnell in die Hose gehen. Wie bei allen Substanzen sollte man sich gründlichst informieren und in meinen Augen auch niemals das (alleinige) Ziel haben, damit “Party” zu machen. Man muss solche Sachen ruhig und bedacht angehen und sich keinesfalls mit der Dosierung überschätzen.
Disclaimer: Dieser Beitrag spiegelt die Erfahrungen und Meinungen unseres Autors wieder. Drogen-Erfahrungen sollten stets unter fachlicher Beaufsichtigung stattfinden und kein geltendes Recht verletzen.