Cannabis und Kaffee bilden ein infernales Duo. Warum sonst heißen die niederländischen Cannabis-Bars „Coffeeshops“? Genau, weil man reingeht, einen Cappuccino schlürft und einen Joint raucht.
Doch aus welchen Gründen haben sich gerade Cannabis und Kaffee zum ultimativen Pärchen zusammengeschlossen? Warum trinken wir nicht einfach Eistee oder Bier zum Joint? Warum nicht frische Milch oder Gurkenwasser?
Ganz einfach: Koffein und Cannabis bilden einen neurochemischen Mix. Okay, es ist wohl doch nicht so einfach. Ich versuche das Ganze mal etwas einzuordnen.
Kaffee
Beginnen wir doch einfach mit einer Faktensammlung über Kaffee, dem Lieblingsgetränk der Deutschen. Schon Goethe sinnierte über die „ganz eigne triste Stimmung“ des schwarzen Heißgetränks. „Der Kaffee paralysierte meine Eingeweide und schien ihre Funktionen völlig aufzuheben, so daß ich deshalb große Beängstigungen empfand, ohne jedoch den Entschluß zu einer vernünftigeren Lebensart fassen zu können.“
Hat der gute Mann Kaffee mit Cannabis verwechselt?! Denn tatsächlich wirkt Kaffee ja eigentlich anregend, konzentrationsfördernd und aufmunternd. Andererseits verstehe ich genau was Goethe meint. Spätestens nach zwei, drei Kaffee bin ich auch auf 180 und kann mich gar nicht mehr auf eine Sache konzentrieren. Dann bin ich durch einen inneren Aktivismus so getrieben, dass ich nicht mehr still sitzen kann. Dann brauch ich Action! Kennt ihr das? Oder bin ich da der einzige?
Zurück zum neurochemischen Mix. Oder besser gesagt: der ersten Zutat.
Koffein verhindert eine körpereigene Reaktion, die uns entspannt, indem es bestimmte Rezeptoren im Gehirn besetzt. (Achtung: Wird wissenschaftlich. Wer sich nicht für die Details interessiert, kann dieses und das nächste Kapitel gern überspringen.)
Kleine Biologie-Nachholstunde: Die Rezeptoren sind wichtiger Bestandteil einer Nervenzelle, an die spezielle Moleküle, so genannte Neurotransmitter, „andocken“ können. Viele Nervenzellen, auch Neuronen genannt, bilden unser Nervensystem (z.B. Gehirn). Je nachdem, welches Molekül die Rezeptoren einer Nervenzelle besetzt, folgt eine bestimmte Reaktion. Eine solche Folgereaktion ist wiederum die Ausschüttung eines weiteren, (anderen) Neurotransmitters aus der Nervenzelle.
Im Normalzustand besetzen unter anderem Adenosin-Neurotransmitter die Rezeptoren.
Dadurch wird die Ausschüttung von allen belebenden und aktivierenden Neurotransmittern, bspw. Dopamin oder Adrenalin, gehemmt. Das sorgt letzten Endes dafür, dass man die gewohnte Grundruhe innehat. Beim Trinken von Kaffee allerdings besetzt Koffein, je nach zugenommener Menge, eine bestimmte Anzahl von Rezeptoren. Leider kann man bei dem Thema nicht schwarz-weiß denken – denn es werden immer noch sehr viele Rezeptoren von Adenosin besetzt. Der kleine, von Koffein besetzte Anteil der Rezeptoren reicht jedoch schon aus, damit nun mehr aktivierende Neurotransmitter freigesetzt werden können. Die Auswirkungen werden noch potenziert, denn durch das Koffein wird auch die „Taktfrequenz“ der Neuronenimpulse erhöht. Quasi wie wenn die i5-CPU in deinem Notebook in den Turbo-Boost wechselt.
Kurz durchatmen, vielleicht nochmal drüber lesen: Das sind die Gründe, warum man durch Kaffee trinken wach wird und die Sinne geschärft werden.
Nice to know: Da beim Kaffeetrinken auch Dopamin (leichter) freigesetzt wird, besteht eine gewisse Suchtgefahr.
Cannabis
Der Mensch besitzt für die Verarbeitung der Cannabis-Wirkstoffe quasi ein eigenes Nervensystem im Nervensystem, das sogenannte Endocannabinoid-System. Dessen Rezeptoren unterscheiden sich übrigens von denen des „normalen“ Nervensystems, wie oben beschrieben. In Bau und Funktion sind sie zwar grundsätzlich identisch, jedoch können die Endocannabinoid-System-Rezeptoren nur das körpereigene Anandamid, das im Cannabis enthaltene THC und eine Hand voll weiterer Neurotransmitter aufnehmen.
Beim Andocken von THC oder anderen Cannabinoiden an die jeweiligen Rezeptoren werden sehr viele Folgereaktionen ausgelöst, die auf den gesamten Körper Einfluss nehmen. Im Gegensatz zu Koffein verringert THC die „Taktrate“ der Freisetzung von Neurotransmittern in bestimmten Gehirnarealen, hemmt damit in erster Linie einige Prozesse und macht am langen Ende müde.
Cannabis und Kaffee
Spannend wird es, wenn man Cannabis und Kaffee zusammen konsumiert. Um den Korrelationen zwischen Cannabis und Koffein auf den Grund zu fühlen wurde ein Tierversuch durchgeführt. Ich weiß zwar nicht, wer in dem Zusammenhang einen Tierversuch zulässt, aber darum soll es jetzt nicht gehen. Der Versuchsaufbau sah folgendermaßen aus: Zwei Gruppen Totenkopfäffchen hatten Zugang zu einem THC-Dosierer. Mit Hilfe eines Hebels konnten die Äffchen eine Dosis abrufen. Der zweiten Gruppe wurde vor dem Versuch Koffein verabreicht.
Das Ergebnis: Die Affengruppe, welche unter Koffein-Einfluss stand, griff zu Beginn deutlich weniger zum THC-Hebel. Jetzt kommt aber ein interessanter Punkt: Nach langer Phase der Abstinenz von den beiden Stoffen wurde wieder in zwei Gruppen eingeteilt – doch diesmal gab es keine Koffein-Spritze von vornherein. Vielmehr hatte die eine Affengruppe Zugang zu einer Mischung aus THC und Koffein und die andere nur zu THC. Die Affengruppe mit der „Mische“ griff in dem Versuch öfter zu, als die Gruppe, die nur THC zur Verfügung hatte.
Auswertung: Bei vorheriger Koffein-Zunahme sinkt die Lust auf THC, bei gleichzeitiger Aufnahme von THC und Koffein nimmt die Lust auf beide Stoffe zu. Das lässt mich zu dem Schluss kommen, dass man beim Joint NACH dem Kaffee genügsamer ist als beim Mischkonsum von Koffein und THC.
Und wo spare ich jetzt?
Wenn du einen Kaffee trinkst und ein bisschen wartest, bis du kiffst, so reicht dir eine geringere Menge Cannabis für dein gewohntes High. Wenn du allerdings gleichzeitig kiffst und Kaffee trinkst, kannst du damit rechnen, dass du in den folgenden Stunden sowohl Lust auf mehr Cannabis, als auch auf mehr Kaffee haben wirst. Darum heißen die Cannabis-Bars in Holland wahrscheinlich auch Coffeeshops. Für die Betreiber ist das natürlich eine win-win Situation, wenn die Kundschaft gleichzeitig Cappuccino schlürft und einen schönen Joint raucht. Denn wahrscheinlich wird es nicht bei einem Joint und einem Cappuccino bleiben.
Nach dem ganzen Neuronen-Wirrwarr bleibt mir eigentlich nichts anderes übrig, als dir jetzt einen guten Appetit bei deinem nächsten Kaffee und Joint zu wünschen! Denn eins ist Fakt: Cannabis und Kaffee sind sehr heiße Kandidaten für das Pärchen des Jahres.
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Edit: Eine neue Studie hat für neuen Input zum Thema Cannabis und Kaffee gesorgt. Alle Erkenntnisse lest ihr in unserem zweiten Artikel zu Cannabis und Kaffee. Achtung: Es wird wieder biologisch komplex.